Da hieß es Abschied nehmen von einer erfolgversprechenden und finanziell gut
gesicherten Zukunft als Entwickler von Armaturenbrettfolien für die Automobilindustrie. Der Grund waren die Huskies, deren sechs an der Zahl die kleine
Wohnung in Eislingen zusammen mit Frank und Thomas bewohnten. Ein Häuschen ohne nennenswerten Garten und mitten in der Stadt. Nun sollten sie in der Weite des Bayerischen Waldes wohnen, ihr neues Grundstück umfasste
knapp 3ha Grund, das sollte genügend "Ellenbogenfreiheit" bieten. Hier bot sich alles, was das Musherherz begehrt: genügend Platz , um die Hunde zu halten und zu trainieren, lange Winter und kühle Sommer.
Nur ein Manko hatte das Ganze, seinen Job als Ingenieur konnte Thomas Gut hier nicht mehr fortführen. Aufgrund seines neuen Spitznamens (gerüchteweise wegen seines Aussehens) war auch bald ein Name für das Häuschen
gefunden: Haus Waldschrat sollte es heißen und zwei Jahre später entstand daraus die Waldschrat´s Adventure Company. Aller Anfang ist schwer und so versuchte man mit Schlittenhundefahrten das notwendige
Geld zu verdienen.
Bald war klar, dass dies ein sehr unregelmäßiges Geschäft sein würde und ein glückliches Zusammentreffen mit Ararad Katchikian und seiner "Scuola Internationale Mushing" brachte die zündende Idee
auf eine Schlittenhundefahrschule, die erste in Deutschland. Das war es!
Durch fleissiges Training stellten sich schon bald erste Erfolge bei Rennen ein, bald hatte man einen Namen in der Szene. Presse und Fernsehen
wurden aufmerksam auf den barfußlaufenden, bärtigen Typen, der mit Lodenmantel, Knickerbockerhosen und Geierfederhut in die Ränge fuhr.
Bei seinem ersten Auftritt in der offen Klasse in Dinkelsbühl konnte er barfuß und in kurzen Lederhosen die bekannten Musher Detlev Oyen und Uschi Liebhard besiegen. Speziel mit Detlev Oyen sollte es später noch viele spannende Duelle, bei dem 300 km Etappenrennen Alpentrail geben, die zumindest
bergauf meist zugunsten des Wahlwaidlers entschieden wurden. Ein Schlüsselerlebnis war sicherlich die Teilnahme beim damals dritthöchst dotierten Rennen der Welt, dem 900 km lange Alpirod.
Was man heute in Europa kaum noch findet - damals war die Crème de la Crème der alaskanischen und skandinavischen Musher am Start! Berühmte Namen wie Libby Riddles, Roxy Wright - Champaine, Joe Runyan, Rick Swenson, Tim White und viele andere
standen auf der Startliste, sogar der berühmte Gareth Wright, einer der ganz Großen des Alaskanischen Schlittenhunderennsports kreuzte auf. Inspirierend waren die gewonnenen Erkenntnisse, wie Hunde trainiert und gepflegt wurden.
Stoff für viele Jahre harten arbeitens zu Hause. Vor allem Tim White mit seiner unerschöpflichen Erfindungsgabe und (was ihn besonders sympathisch machte) seiner Bereitschaft, diese Erkenntnisse zu teilen. Besonders
sein Tip auf das Buch "Don´t shoot the dog" von Karen Pryor brachte ganz neue Erkenntnisse in die Psychologie des Trainierens. So blieben Erfolge nicht aus: erste Plätze beim Langstreckenrennen Memorial Dr. Vaclav Vojtecha
in Tschechien , ein 4. Platz beim Transitalia in den Abruzzen , ein 2.Platz beim Beringiarennen in Kamtschatka , ein 3. Platz beim Alpentrail 1997, Bayerischer Meister Mitteldistanz 1997,
Europa - Cup Mitteldistanz 2. Platz, Europameisterschaft Sprint 8. Platz und Europameisterschaft Mitteldistanz 6.Platz, beide 1999.
Sohn Franz, das erste der drei Kinder mit Ingrid, war meist bei den Rennen mit dabei und
wurde selbst Italienischer Meister in der 2 - Hundeklasse im Alter von 9 Jahren. Musherlegende Dick Mackay gab ihm beim Transitalia den Spitznamen "Franzitalia".
Aber auch Touren mit Schlittenhunden war damals schon ein Thema, so gelang zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Freund Ivan Kobr die erste Überquerung der Schneekuppe im Riesengebirge mit Hunden 1991,
1997 versuchte
man eine Überquerung der Alpen von Chamonix nach Salzburg zugunsten eines Hilfsprojekts für Wolf, Bär und Luchs, bei dem aus Witterungsgründen leider nur wenige hundert Kilometer gefahren werden konnten. Im Jahr 2000 konnte dann
diese Tour unter dem Namen "Wildlife on Tour" im Bayerischen Wald durchgeführt werden, bei dem auch die erste Schlittenhundepostbeförderung von Bayerisch Eisenstein nach Grainet stattfand.
Überhaupt war Thomas Gut viele Jahre neben seiner Tätigkeit als Jugendreferent auch als Naturschutzreferent des Bayerischen und Deutschen Schlittenhundeverbands unterwegs und zusammen mit Klaus Kennerknecht, dem unermüdlichen Motor in der Integration des Schlittenhundesports
im deutschen Sportwesen, gelang es in vielen Sitzungen in Bonn und Berlin im Kuratorium Sport und Natur unter Federführung von Heiner Geißler, den Schlittenhundesport zusammen mit den anderen Natursportarten zu integrieren. Zwei Jahre lang war er auch vizepräsident des Trailclubs of Europe.
Seit 1991 ist er auch Vorsitzender des Schlittenhundesportvereins Waldschrat Frauenau.
Auch im Sommer mußte natürlich Geld verdient werden und es lag nichts näher, als seine Hobbys zum Beruf zu machen, die da wären: Klettern, Höhlenforschen, Canyoning, Kanufahren und Fahrradtouren. Nach dem Vorbild Südfranzösischer Unternehemen wurde der
erste Kanuverleih im Bayerischen Wald gegründet, eine Mountainbikeverleihstation, es wurden Survival- und Kletterkurse angeboten. Er arbeitete viele Jahre als Wanderführer für Frauenau, arbeitete als Canyon - und Höhlenguide in Spanien
und Frankreich und bot diese Kurse auch selbst an. Er machte die Ausbildung zum Natur - und Landschaftsführer 1997, zum TTouch - Practitoner 1999 - 2001 und zum Französischen Höhlenführer 2000.
Im neuen Jahrtausend gab es dann einige tiefgreifende Änderungen im Leben des Waldschrats. Nachdem Frank Sihler bereit 1992 ausschied und seinen Traum von einem Leben in Alaska wahr machte,
trennte sich 2000 auch seine Frau von ihm. Einige Jahre sollte Thomas den Hof nun alleine bewirtschaften, bis endlich seine langjährige Freundin und Mutter zweier weiterer Kinder von ihm (Tom und Anna), Anke Schürer zu ihm ziehen konnte.
Rennen fahren mußte nun hintenanstellen, auch von einigen Bereichen seines breit gefächerten Angebots, z.B. des Kanuverleihs mußte er sich trennen.
Aber es gab auch Neues, das nach vorne wies: ein erster längerer Film (nach unzähligen kürzeren Filmen die Jahre zuvor): "Heiße Kufen, kalte Schnauzen" von Wolfgang Jung lief 2001 auf SWR 3. Ein Film,
der die Buchungszahlen ziemlich nach oben schnellen ließ. 2003 - 2004 dann die Verfilmung seines bisherigen Lebens in der Reihe Lebenslinen des BR "Ein Waldschrat und seine Huskies" von Laszlo Hartmann. Über 1 Million Zuschauer sahen diesen Film.
Im Jahre 2001 veröffentlichte Thomas gut das Lehrbuch "Canyoning" im Reise - Know - How Verlag, 2003 dann im selben Verlag das Lehrbuch "Mushing", das erste Schlittenhudelehrbuch in deutscher Sprache,
welches sehr erfolgreich werden sollte und heute bereits in der 3. Auflage gedruckt wird.
Die Zwingeranlage wurde komplett erneuert und die Schlittenhundeaktivitäten auf den Sommer ausgedehnt.
Das heißt in der Zeit von Mai bis Oktober finden nun Fahrten und Workshops mit Schlittenhunden statt, während die anderen Aktivitäten eingestellt wurden.
Die Winterzeit gehört weiterhin den beiden großen Kursen: Wochenende - Schnupperkurs und Wochen - Musherdiplomkurs.
2004 zog dann endlich Anke mit den beiden Kindern Tom und Anna zu ihm auf den Huskyhof, das Leben ging weiter. Sie konnte nun ihren Beruf vom Huskyhof aus weiterbetreiben, dank des Internets.
Auch seine zwei großen Kinder Franz und Maria zogen wieder zu ihrem Vater in die Flanitzmühle. Der Hof lebte wieder, das Haus wurde renoviert und eine Solaranlage installiert, dem Traum vom autarken Leben ein Stückchen näher.
Nach der Öffnung der Grenzen für Hunde in Skandinavien bot sich nun endlich auch die Möglichkeit, ohne allzugroßen behördlichen Aufwand in diese Länder mit Schlittenhunden zu reisen. Ein alter Freund aus Rennenszeiten Teisto Thornäus
bot uns die Gelegenheit, seinen Hof als Basecamp zu benutzen. Seit 2009 sind wir nun anstatt auf Rennen, regelmäßig in der Tundra und im Fjäll nördlich von Kiruna in Nordschweden und machen Campingtrips mit unseren Kindern und unseren Hunden.
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